WetFur - Germanium Fuzz/Distortion for e-Guitar

JoeHill

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Einleitung/Spezifikationen



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Einleitung
Eine (richtige, akkurate) Dokumentation ist noch nicht fertig - und es gibt eine Menge zu diesem Schaltkreis zu erklären. Manchmal ist es vielleicht sogar besser, solche Dokumentationen nicht an einem Stück - und auch nicht ganz allein zu schreiben. Vielleicht ist es manchmal besser, seine Gedanken zu öffnen - nach und nach über das zu Bloggen, was einem während des Designs so alles durch den Kopf gegangen ist. Möglicherweise funktioniert dies anders als der herkömmlich, 1000fach beschrittene Weg. Ich bin aber überzeugt davon, dass es sowohl unterhaltsam, wie auch lehrreich sein kann, einem Kollegen "über die Schulter" bzw. "in den Kopf" zu schauen.

Fangen wir erstmal stichpunktartig und etwas chaotisch mit einer Zusammenfassung, worum es beim WetFur geht, an:

Tradition? - Fortschritt?

Der WetFur ist eine Oldskool, 100% diskrete, sehr eigenwillige Fuzzbox für E-Gitarristen. Sie basiert auf dem Halbleiter-Element Germanium, welches seine Bedeutung in der Elektronik -eigentlich- längst eingebüßt hat. Die Schaltung ist 100% diskret, analog. Keine Logik, Keine ICs, Keine Opamps. Es wurde ein sehr hohes Maß an Aufmerksamkeit auf Musikalität und Tradition gelegt - in dem Bewusstsein, dass man nicht -einfach irgendwas- baut, sondern dass das Erbe von 2-3 Generationen auf dieses Gerät schauen wird. Die Vorfahren des WetFurs reichen zurück bis in die Goldene Zeit - und haben so klangvolle Namen wie "Dallas Arbiter FuzzFace" oder "Vox ToneBender", oder "Schaller-Fuzz". Die Szene wird eine -wie auch immer geartete- "neue" Fuzz-Schaltung niemals akzeptieren, wenn sich das Design nicht klipp und klar zur Tradition bekennt. Viele gute Ideen sind bereits diesen Tod gestorben - clever gedacht, aber von der Szene als zu "untraditionell" abgelehnt - viele Transistoren und Opamps sind so auf den Friedhof gewandert - während knapp hundert Jahre alte Röhrengeräte weiterhin jung und alt glücklich machen. Zur Tradition gehört hier meines Erachtens nach, sich überhaupt für Germanium, sowie die eigenwillige Schaltungsart (VFB) zu entscheiden - obwohl dies c.a. 1000 Nachteile mit sich bringt. Der Klang jedoch -und dies wird nach fast einem halben Jahrhundert immer klarer- hat sich als einer der besten herauskristallisiert - über die Zeit und gegen einen ganzen Haufen Konkurrenten. "Satisfaction" von den Stones - oder die vielen Hits von Jimi Hendrix seien hier nur als Beispiele für ein offenes Geheimnis erwähnt.

Bei aller Nostalgie: Es wurde andererseits versucht, das ultimative FuzzFaze 2000 zu designen, welches trotz Tradition Nutzen aus neueren Erkenntnissen zieht. Mir war eine erhöhte Betriebssicherheit und -Stabilität wichtig. Ferner wollte ich vermeidbaren Noise (Netzkrach, Thermal-Noise, Transistor-Noise) vermeiden. Es war mir auch wichtig, verschiedene Klangfarben anbieten zu können, da sich auch die Vorfahren des WetFurs im Klang teils erheblich unterscheiden. Mir war auch wichtig, die wichtigsten Bugs im Fuzz-Bereich zu adressieren: Der schlimmste Bug ist die nicht funktionierende Anbindung an old-skool Wah-Wah's. Der zweitschlimmste Bug ist, dass Fuzzes sehr sehr unterschiedlich (teils echt furchtbar schlecht) klingen können, wenn verschiedene Abnehmer (=verschiedene E-Gitarren) verwendet werden. Beide Bugs konnten mit einer -nicht neuen Erfindung- aber -neuen Implementierung- einer Resonanz-Kontrolle behoben werden. Die Methode ist noch etwas "holprig", da es erforderlich ist, ein eigenes Poti zu bauen, bzw. "umzubauen". Aber es funktioniert wirklich sehr gut - sehr effektiv.

Andere kleinere Bugs wurden entsprechend obiger Philosophie ebenfalls adressiert. Da leider der gesamte Fuzz-Core konstruktionsbedingt schon ein einziger Bug ist, sind mir einige Entscheidungen nicht leichtgefallen - den teilweise basiert der einzigartige Klang auf dem Mangel an gutem Schaltungsdesign. Beispielsweise habe ich in der Schublade einen Plan für ein zusätzliches Modul - eine Servo-Schaltung. Diese würde die kompletten DC-Bedingungen für immer und ewig und unter (fast) allen katastrophalen Bedingungen aufrecht erhalten/stabilisieren. Ich habe das Modul wieder gestrichen, da es "zuviel" Kontrolle über das Fuzz ausübt.

Eine Fuzz-Box ist etwas sehr sehr persönliches. Nach der E-Gitarre selbst und dem Verstärker, nimmt die Fuzz-Box auf der "Magie-Rangliste" der Gitarristen mit Sicherheit den 3. Rang ein - zumindest bei vielen Gitarristen. Es wird sehr sehr viel VooDoo und Hokuspokus um diese Gerätschaften betrieben. Ferner markieren Fuzzboxen eine der letzten Bastionen der wirklich unabhängigen Elektronikfertigung. Es gibt -dem Zahn der Zeit zum Trotze- weiterhin unzählige Boutiquen/Werkstätten, welche in mühevoller Handarbeit -unbeirrt- weiterhin einzigartige Fuß-Feuerwaffen produzieren. Das WetFur und dieser Thread sollen deshalb auch eine (wenn auch ziemlich seltsame) Liebeserklärung an die Szene sein.

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Transient mit verschiedenen Fuzz-Levels

Einige Eckpunkte:

DC

- interne Versorgungsspannung nach Regelung/Filterung: 8V-8.5V-DC
- Stromverbrauch Summa Summarum (durchschnittlich,LEDs aktiv): c.a. 20mA
- Stromverbrauch geregelt/gefiltert, Audio-Sektion: 4mA-5mA
- zulässige ext. Versorgungsspannung: 9V-16V DC, reguliert
- Überspannungsschutz: nur intern, nach Regelung
- Überstromschutz: rudimentär - c.a. 100mA max. durch Pass-Transistor/Regulator into short
- LED-Drivers: 30mA max. @16V into short
- DC für Verzerrkern ist einstellbar - ähnlich verschiedenen "Batterie-Lebenszuständen" (*1)

Anschlüsse

- 1x E-Gitarre Input (variable input Z: 68k-1068k)
- 1x Output (low Z - c.a. 2k5 max.)
- 1x DC-Input 9V-16V

Kontrollen

- Input Resonance (Duplo-Log-Pot)
- Pre-Gain (Duplo-Log-Pot)
- Tone (3 Position Switch: Bass/Mid/Treble)
- Fuzz (rev.Log Pot)
- Output Volume (Log-Pot)
- "Battery"/DC-Level (Log-Pot)
- {intern} BIAS IPS (Trimmer)
- {intern} BIAS Fuzz (Trimmer)
- {intern} Meter-Calibration (Trimmer)

AC

- Neues Modell für Germanium-Transistoren - Leakage (sehr wichtig) wird nun berücksichtigt
- Clevere Optic Section (1xRGB LED 4-Dimensional Visualization)

- es wird AC (=Audio-Level) gemessen - die LED blitzt/blinkt/leuchtet je nach Lautstärke/Fuzz
- es wird DC (="Batterie"-Level) gemessen - die LED wird im ganzen in der Helligkeit rauf/runterskaliert
- am Klangregel-Schalter wird überwacht, welcher Modus aktiv ist - je nach Modus ändert die LED ihre Farbe
- am Fußschalter wird überwacht, ob das Gerät an oder aus ist - ist das Gerät aus, erlischt die LED gänzlich
- die Farben werden nach dem Primärfarb-Misch-Prinzip nach dem Schema: 1+0.5+0 gemischt - eine Farbe ist immer 100%, eine 50% und eine AUS.
Alternativen sind möglich​

-Der Verzerrkern basiert auf dem originalen FuzzFace/Tonebender circuit - wurde aber stark überarbeitet. Ziel war es eine höhere Stabilität zu erreichen
-Eine von mir neu konzipierte Input Stage - Ziele:
-Low Noise, Variable Resonance, Asymmetric Clipping, Soft Clipping - möglichst nahe Imitation von Röhrenverzerrung - hierzu wurde (soweit mir bekannt, ist das neu) eine ZenerDiode im FeedbackPfad des FETs verwendet - sowie eine neuartige Resonanzregelung(ebenfalls im Feedback.Pfad) (die allerdings ein Eigenbau-Poti voraussetzt)
- Nicht gleich offensichtlich: Die Input-Stage soll genug Strom(! - nicht unbedingt Voltage) liefern können, damit der Leckstrom (IBo) des ersten Germanium Transistors nicht so sehr ins Gewicht fällt - denn der Leckstrom ist wirklich erklecklich - 300uA Iec0 sind nichts besonderes.​

- Nun - Anti RFI/EMI ist obligatorisch
- True Bypass ebenfalls

Anmerkungen


(*1)Möglichkeit die Versorgungsspannung einzustellen: Dies ist der Legende geschuldet, dass die alten Gitarristen darauf schwören, dass ein FuzzFace am besten mit breiter Batterie klingt - ausserdem lassen sich bei gedrosselter Versorgungsspannung/-Strom nette kleine Oszillationen erzeugen, die aus der E-Gitarre mal schnell einen Synthie machen können - das liegt daran, dass ein Wiederstand seriell ins Rail geschaltet zu positivem Feedback im Fuzzcore führt.

Sorry für das Chaos - ich hab echt wenig Zeit - auch in diesem Post sind noch Baustellen offen. Bei Fragen gerne Fragen. Wenn (aus welchem Grund auch immer) die Simulation nicht anläuft, bitte melden - vielleicht hab ich dann was vergessen.



P.S. ich musste das Release Packen, da die ASC Datei etwas größer als 20kB war - das Upload limit gesprengt.
 
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Boahhhh, ein riesen Teil!
Hast du das selber gezeichnet?
Kann selber nicht soviel helfen da, weil ich eher ein Digitaler bin :)

PS: Hab die asc Grösse auf 50k erhöht.
 
Danke Spicer,

ja der komplette Plan ist von mir. Selbst gezeichnet und entworfen. Das Projekt hatte mich schon ne weile beschäftigt. So ziemlich jeder Knoten ist mind. dreimal durch mein Hirn gegangen.

Allein das Germanium Transistor Modell gängig zu kriegen hat ewig gedauert. P.s. Soweit ich weiss, gibt es im Internet bisher kein funktionierendes - ich meine keines, was wenigstens ansatzmäßig funktioniert. Meines ist auch nicht perfekt, berücksichtigt aber EC-Leakage - dies ist sehr sehr selten. Selbst im DIY-Audio Forum wirst Du kein halbwegs verlässliches Modell finden. In dieser Anwendung hier (Voltage Feedback Biasing) kommt man aber ohne die Leckage zu berücksichtigen überhaupt nicht weiter - es gibt Dutzende gescheiterte Projekte, weil das Modell schon nicht hingehauen hat und dadurch der Arbeitspunkt notorisch auf halb acht hing. Der Punkt ist nicht, es in SPICE gängig zu kriegen, sondern der Punkt ist, die Simulation möglichst nah an die Realität zu kriegen. So kann man sich jahrelanges Debuggen sparen.


Du kannst das Projekt auch gern auseinanderpflücken - ist ja modular aufgebaut. Jedes Modul ist für sich schon etwas besonderes - könnten nützlich für viele Dinge sein.
 
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Achtung - Artikel enthält Fehler: Siehe http://ltspiceusers.ch/showpost.php?p=293&postcount=7

Nebenbei, falls es jemanden interessiert:

Ein paar Worte zum Modell des AC128 Germanium PNP Transistors.

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Leakage/Leckage - ein Reminder:
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Germanium Transistoren lecken wie sau

Ich setze immer so einfach voraus, dass ein Mindesmaß an Verständnis gegenüber Leckagen in Halbleitern/Transistoren existiert. Dies ist aber überhaupt nicht selbstverständlich, da seit Silizium Leckage keine Rolle mehr spielt und es nirgendwo mehr anständig gelehrt wird. Vielleicht ist es deshalb an der Zeit, ein wenig drüber zu reden:

(PNP-)Transistoren Lecken von B nach C (=Tendenz zum "nicht mehr AUS kriegen") genauso wie von E nach B (Tendenz zum "nicht AN kriegen").

Ein Verständnis/eine Kenntnis der genauen Verschiebungen von Arbeitspunkt, DC-Gain etc. (wichtig für ein brauchbares Simulationsmodell) ist überhaupt nicht so leicht zu erlangen. Die beiden Parameter (BC/EB Leckströme) beeinflussen BEIDE das Verhalten des Transistors. Antagonisten mit unklarer Gewichtung. Da müsste man schon die Ätzmaske/die genaue Geometrie des Transistors kennen und selbst dann müsste man noch die Streuung berücksichtigen. Kein Germanium-Transistor ist wie der andere - die Dinger streuen (z.B. hFE) wie sau - eigentlich könnte man sich die Bezeichnung des Transistors sparen und einfach sagen: Germanium Small Signal - XX-Voltage. Ihr seht: Eine Modellierung wird somit zur Mission Impossible. Too Much unknown parameters. Sofern man kein Mathlab-Junkie ist. Generell ist zu sagen, dass das BC-Leck meist größer ist als das EB-Leck. Der Transistor ist also ohne dass man etwas an der Basis tut AN. Das ist aber auch schon alles - mehr lässt sich allgemein nicht sagen. Für DC mag man sich was drunter vorstellen können - bei AC versagt das instinktive Verständnis für Stromfluss... ;)

- Statt nun -wie viele andere- mit den ISE/ISC Parametern (laut Doku sind dies die equivalenten Parameter für BC/EB Lecks) herumzuspielen und mir jedes einzelne Haar dabei auszuraufen, benutze ich den IS Parameter - aus der Dokumentation geht hervor, dass SPICE in diesem Falle die weitere Berechnung von ISC und ISE übernimmt. IS ist also wie ein künstlicher Faktor zu verstehen, aus dem SPICE die eigentlich wichtigen Parameter weitererrechnet. Natürlich ist dies nicht viel mehr als eine billige "Holzhammer mach es passend" Methode - noch dazu für Silizium und nicht Germanium - aber es funktioniert doch recht gut - besser als gedacht. Die Idee ist folgende: Von -realen- Germanium-Transistoren weiss man (=kann man messen) wie sie sich bei offener Basis verhalten - genauer: Man kann messen, ob- und wieviel Strom fließt, wenn die Basis nicht beschaltet wird. Meist mißt man einen Strom von 100uA bis 500uA bei 9V-Rail (Emitter am Rail, Kollektor auf Masse). Man -kann- nun mittels des IS-Parameters den Transistor so "einstellen" dass er dasselbe Verhalten zeigt. Für mein AC128 Modell sind das Werte von 4u<=IS<=12u. Natürlich ist dies eine ziemlich krude Methode, deswegen seien Probleme kurz erwähnt:

- Diese Methode zieht Unschärfen beim tatsächlichen Basisleckstrom nach sich - simuliert aber sehr gut den Leckstrom Iec (Emitter am +Rail - PNP!) mit offener Basis. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass diese Methode absolut -nichts- darüber aussagt, oder aussagen -kann- was genau (=real) an der Basis geschieht. Man muss sich ebenfalls darüber im Klaren sein, dass man die -Berechnungsmethode- von SPICE nicht genau kennt. Das heißt, man muss ganz genau im Auge behalten, ob sich der simulierte Transistor zumindest einigermaßen wie ein echter verhält - dabei muss wahrscheinlich auch der BETA Faktor angepasst werden - und dabei kommt auch leider sehr schnell heraus, dass eine wirklich saubere Modellierung nicht zu bewerkstelligen ist. Also muss man seine Bedürfnisse anpassen: Mich interessiert hier NUR DC/BIAS-Verhalten. Voltage und-/oder Current Gain, Forward-Voltage und genaues Verzerrverhalten, V/I Verhalten all dies ist nicht korrekt simulierbar.

Aber dies ist nicht schlimm - weil die Möglichkeit -endlich- eine Aussage über das BIAS Verhalten treffen zu können - dieser Erfolg, die Misserfolge überwiegt. Im Endeffekt ist es bei einem Verzerrer auch relativ uninteressant ob er nun 6dB mehr oder weniger Gain hat - bei 80dB Gesamt-Gain - auch ist die genaue Vf/I Kurve uninteressant, da bei 5-10% THD keiner mehr den Unterschied hört. Wichtig ist, dass das Ding über die Zeit zuverlässig funktioniert - und dafür ist das DC-Bias Verhalten am wichtigsten. Und für die Analyse desselben ist das -neue- AC128 Modell eine mehr oder weniger große Hilfe.

Warum so? Warum überhaupt ? Warum soviel Heckmeck darum?
In der Welt der FuzzFaces hat sich diese Prozedur (Basis Offen, Iec messen) als quasi-Standard etabliert, um Germanium-Transistoren Lecktechnisch zu vergleichen. Zweitens interessiert (hinsichtlich BIAS) hauptsächlich auf welcher DC-Voltage der Collector bzw. der Emitter sitzt. Dies ist wiederum abhängig vom Strom durch den Transistor - bzw. dem Arbeitsstrom, der sich aus Leckstrom plus Biasstrom zusammensetzt. Bei 300uA Leckage und (sagen wir) 700 uA Gesamtarbeitsstrom Iec, wird schon relativ deutlich, welchen Einfluss die Lecks haben. Leakage ist extrem abhängig von der Temperatur.

Lecks sind instabil, kein -ich wiederhole- >kein< stabiler Skalar, sondern eine Funktion verschiedener Parameter!.​

Ändert sich die Leakage um nur 100uA, verzieht es den Arbeitspunkt um geschätzt mindestens ein siebentel. Das ist viel und ohne Feedback wäre das der Horror. Aber auch mit Feedback ergibt sich eine erhebliche Instabilität des Arbeitspunktes (80dB Gain - Doppelstufe, DC-Coupled - Fehler multiplizieren sich und werden nur vom Feedback wieder korrigiert - davon ist nicht viel da und auch nicht besonders stabil). Und das ist genau das um was es geht. Will man dies stabilisieren, muss man erstmal das Leckverhalten einigermaßen nachbilden. Dann muss man das Verhalten bei verschiedenen Leckströmen beobachten - dann kann man den Fdbk.-Pfad entsprechend anpassen oder erweitern um Abweichungen zu minimieren - und das Verhalten bei verschiedenen Leckzuständen möglichst homogen zu bekommen. (z.b. durch emitterwiderstände oder kleinerem Global-Feedback-Widerstand, oder anderen Hokuspokus)

- Der IS Parameter lässt diesbezüglich eine ziemlich genaue Anpassung zu. Standardmäßig (also so wie hier geuploaded) fließt ein Iec0 von c.a. 100uA. Dies entspricht einem sehr guten AC128 Exemplar. Ein schlechtes Exemplar hat 300uA Leckstrom Iec0. Alles was drüber ist ist natürlich noch schlechter - aber auch nicht mehr zu gebrauchen (vllt. als Diode :D )...

Ist die Unschärfe (=unkenntnis) des tatsächlichen Basisstroms interessant?
Nein - solange man genügend Strom liefern kann. Das bedeutet: Man sollte darauf achten, dass die Vorstufe genügend Strom liefern kann (/abfließen lassen kann), bzw. dass die Source-Impedance/Resistance mgl. niederohmig ist. Ein DC-Return(=Feedback-)Widerstand von 100k ist definitiv zu hoch - meine 47k sind auch noch zu hoch, aber tiefer kann ich nicht gehen. Eine Drive-Impedance Zs von 20k ist ebenfalls zu hoch (kriegt man Gain-Probleme) - 2k-6k8 ist realistisch.

Beides (also niedrigerer DC-Feedbackwiderstand und niedrigere Drive-Impedance) - sprich: mehr Potential an der Basis - zieht nach sich, dass die Basis gern auch mal zulangen darf, ohne dass dem System der Strom ausgeht oder es im Strom ertrinkt (hoffentlich). Darüber hinaus ist der Basisleckstrom nicht interessant - interessant ist der EC-Leckstrom, denn dieser wirkt sich direkt auf den Arbeitspunkt des VFB-Pairs aus.

Kleinere Anpassungen wie z.B. Early Effect und parasitäre Kapazitäten habe ich auch vorgenommen.

Das ursprüngliche Original (also das Modell, welches ich weiterentwickelt habe) stammt aus dem DIY-Audio-Forum. Der Tipp mit dem IS-Parameter stammt von einem ziemlich renommierten User dort(PRR) - seinen Nebensatz scheinen aber die meisten (alle?) nicht bemerkt zu haben.

Anlagen:
2 Screenshots
1 Simulation zum spielen
1 Modell-LIB (mit Editor öffnen zum anpassen)

Weiterlesen (bitte mit vorsicht genießen - beide Seiten enthalten unschärfen und teils sogar fehler):
http://www.geofex.com/article_folders/fuzzface/fffram.htm
http://www.electrosmash.com/fuzz-face
 
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The Regulator

Sprechen wir heute mal über DC. Genauer gesagt sprechen wir über sauberes DC und etwas eindringlicher über die DC-Sektion des WetFurs:

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Sich nen IC-Regulator besorgen kann jeder Idiot und manchmal macht das auch echt Sinn. Einige wenige wissen, dass es auch diskret geht. Ganz Ganz wenige wissen, wie es geht. Noch weniger machen es tatsächlich. Ich möchte hier darauf hinweisen, dass es A) enorme Vorteile hat, wenn man zumindest die Theorie von diskretem Design kennt und B) es enorme Vorteile (Flexibilität, Effizienz, Noise, Anpassung an Bedürfnisse) bringt, seinen eigenen Regulator auch wirklich zu bauen. Gehen wir es also der Reihe nach durch.

Das erste Modul dient im Prinzip nur der Betriebssicherheit. Der MOSFET wird hier als quasi lossless Diode genutzt. Der Kondensator lädt das Gate auf, der Widerstand sorgt für den Return. Die Zenerdiode limitiert den Strom. Die Überbrückung der Versorgungsspannung mit 100nF dient dazu RF/EMI-Müll direkt am Eingang abzublocken. Die beiden LEDs + Vorwiderstand sind nur zur optischen Aufbereitung da. Leuchtet es Grün ist alles schick, Leuchtet es Rot, wurde die Versorgung verpolt angeschlossen. Der MosFET lässt keinen Strom durch, wenn die Versorgung verpolt wurde - und schützt somit alles was nach ihm kommt.

Als nächstes kommt ein inline-Widerstand und ein dicker fetter Choke. Wenn man ein schmales Budget hat, könnte man sich beides sparen. Es geht hier einfach nur darum soviel passives Filtering wie möglich, bei gleichzeitig möglichst niedrigem DC-Loss zu erreichen. Wir wollen also auf unseren eigenen kleinen LDO hinaus. Wollen wir wirklich Low-Dropout haben und dabei noch eine gute Filterung, dann kommen wir um dicke Spulen nicht herum. Die genauen Werte sind Geschmackssache - ich persönlich würde auf den Widerstand verzichten, aber meine Spule so dimensionieren, dass sie ungefähr 50 Ohm DC-Resistance aufweist. Dies ist ein ganz guter Kompromiss. Man könnte auch auf die Spule verzichten und dafür nur auf einen 50 Ohm Widerstand bauen. Die Filterwirkung leidet entsprechend.

Als nächstes folgt (ignorieren wir mal die Dump-Kondensatoren 1mF, 100nF) die aktive Filtersektion. Diese ist eine Mischung aus Regulator und Capacitance-Multiplier (Gyrator). Ist die Versorgungsspannung bei 9V, wird strenggenommen nicht geregelt, sondern nur aktiv gefiltert - und zwar so, dass die Kapazität im Basispfad des Transistors mit BETA multipliziert am Emitter rauskommt (40 000 uF). Dies ist ziemlich effektiv - leider nur bei kleinen Lasten. Aber hey - wir haben hier kleine Lasten... :D ... Warum Gyrator? Nunja - per def. ist ein Gyrator eine aktive Schaltung, die sich wie eine Spule verhält - also nahe DC kaum Widerstand aufweist - zu hohen Frequenzen hin aber immer mehr Impedanz an den Tag legt. Und genau dies tut unser kleiner Capacitance-Multiplier. Uneingeweihte nennen ihn einfach DC-Emitterfolger.

Im Basispfad wird doppelt passiv gefiltert. Da der Transistor nicht unendlich schnell und/oder stark ist, spendierte ich dem Emitter noch 1mF an Dump-Kapazität.

Ist die Versorgungsspannung höher als 9V, verwandelt sich die aktive Sektion in einen Regulator. Eine Konstantstromquelle(FET) füttert eine Zener-Diode und die Basis. Die Diode sorgt für konstante Voltage (um und bei 9V). Da Zener-Dioden Noisy sind, ist es nett, dass anschließend an der Transistorbasis doppelt gefiltert wird. Wir haben also nahezu konstante Voltage und nahezu konstanten Strom im Basiskreis/Regelkreis. Dies ist schonmal nicht ganz falsch.

Als Gimmick limitiert der JFET den maximal möglichen Strom durch den Pass-Transistor. Life-Saver. Nebenbei verhindert er auch jeglichen Reverse-Strom im Basiskreis. Live-Saver 2.

R1 wurde hier angefügt, um die Last des WetFurs zu simulieren (hier: c.a. 4mA)

Der Plot zeigt die Filterwirkung/Effizienz. Der Versorgungsspannung wurde ein Störsignal von 0dBVAC (2V PKPK !!!) überlagert. Die Filterwirkung kann sich sehen lassen. Man sieht hier auch recht deutlich, wo eigentlich die Problemzone liegt. Frequenzen ab 100Hz werden relativ gut unterdrückt - darunter sieht es aber nicht so rosig aus (bei 10-20Hz ist ein Noise-Peak sichtbar) - und ohne die riesigen Kapazitäten sähe es noch übler aus. Was wir hier im unteren Bereich sehen ist LF-Noise - also mehr oder weniger langsame Veränderungen der Versorgungsspannung. Dies kann man überhaupt nicht gebrauchen, wenn man auf stabile BIAS-Konditionen des Geräts hinauswill. Sprich: Hier war mir relativ egal, wie gut hörbarer Noise gefiltert wird - wichtiger war mir niederfrequenten (=nicht hörbaren) Noise zu unterdrücken, weil dieser meine Arbeitspunkte nervös macht (=diese 'moduliert'). In diesem Punkt (also der Auswirkung) unterscheidet sich LF Noise überhaupt nicht von den thermalen Problemen im Germanium - diese haben genau denselben Effekt. Das Problem ist: Je mehr LF-Noise, desto instabiler auch die Thermale Situation - desto instabiler die Stromflüsse - desto sinnloser irgendwelche BIAS-Versuche. Will man Stabilität erreichen, muss man diese überall - und zuallererst bei der Versorgung - sicherstellen.

Warum?

Nun - das WetFur ist ein HI-GAIN Gerät. Konstruktionsbedingt hängen die Emitter mehr oder weniger direkt am Rail. Unglücklicherweise sind transistoren am Emitter sehr empfindlich für Noise. Früher waren alle Fuzz-Boxen Batterie-betrieben. Da spielte es keine Rolle. Heutzutage sind Batterien aufgrund der Umweltbelastung OUT. Also muss man sich was einfallen lassen, sofern man anstrebt ein sauberes Produkt zu hinterlassen. E-Gitarren sind noisy genug - ich brauch nicht noch zusätzliches Netzrasseln.

Nun - man könnte auf NPN umsatteln - dann hätte man die Emitter auf Masse und könnte von großen Kollektorwiderständen und sauberem lok. neg. Feedback profitieren - aber ganz ehrlich: Bringt auch nix - durch den hohen Gain und die BIAS-Technik ist das ganze Ding einfach mega empfindlich für alles was schwankt. Ob nun NPN oder PNP ist da fast unerheblich.
 
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The Optics​

Heute ist die Optik-Sektion des WetFurs dran. Schauen wir sie uns zunächst etwas genauer an:

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Einleitung

Einige Dinge fallen sofort ins Auge.
1. Die Sektion ist komplett diskret aufgebaut. Ich will hier keine Diskussion über IC-Driver o.ä. starten - nur so viel: Diese erfüllten nicht den von mir erwünschten Zweck, verbrauchen zuviel Strom, sind zu unflexibel und zu groß (physikalisch gesehen). Ferner sind sie notorisch schlecht verfügbar. Ich wollte von Anfang an eine sparsame, effiziente und simple Schaltung. Der Zeitlosigkeit des Fuzz-Cores wollte ich eine ebenso zeitlose Optik-Sektion an die Seite stellen. Und zeitlos ist sie wirklich - unabhängig von schlecht verfügbaren Spezialkomponenten - es braucht lediglich ein paar PN-Junctions und ein paar Emitter - plus ein bisschen R und C. Das alles wird es in 100 Jahren ja wohl immer noch geben. Den Trick führt hier die Schaltung an sich aus - nicht die Komponenten.

2. Die Schaltung scheint durchweg DC-Gekoppelt zu sein. Huch! - So etwas sieht man heutzutage nur noch sehr selten: DC- (oder deutsch: Gleichstrom-) Verstärker. Hier funktioniert vieles etwas anders, als mit Kondensatoren im Repertoire. Die Arbeitspunkt-Einstellung ist hier keine "Festlegung", sondern hat viel mehr mit Subtraktion und Addition zu tun - deshalb sieht die Schaltung etwas ungewohnt aus. Bei näherer Betrachtung entpuppt sie sich aber als sehr sehr simpel und effektiv.

Es lohnt sich, hier mal näher hinzuschauen - DC-Verstärker haben zweifellos ihre Stärken. Auch ist dies eine nette praktische Anwendung zur Berechnung von Spannungsteilern. Tolles Lernobjekt. Bevor wir nun weiterreden, ist es Zeit, ein wenig über folgendes zu reden:

Das Konzept

Wie bereits erwähnt, war mir das schmalstmögliche Profil wichtig. Hierfür musste das vorherrschende Konzept von Level-Visualisierung komplett neu gedacht werden. Normalerweise (d.h. in Fest-Installationen wie Panels/Mixer/Verstärker etc..) wird mit Visualisierungen nicht gespart. Es gibt unzählige VU-Meter, Status LEDs, Betriebsanzeigen etc.. . Neuerdings wird sogar mit LCDs und Touchscreens experimentiert. Wie gesagt, es mag Situationen geben, in denen solche Strategien Sinn machen - speziell wenn Strom und Spannung kein Thema (=reichlich vorhanden) sind.

In meiner Situation - in der Situation einer kompakten Fuss-Maschine, welche allerlei Abusus tolerieren muss - notorisch mit Bier bekippt wird - ständig irgendwo runterfällt oder im hohen Bogen am Kabel durch die Lüfte fliegt - gerne auch (naiverweise) mit den abstraktesten Stromquellen (wie z.B. Autobatterien) gepowert wird, machen solche Gedanken (=ausgiebige Beleuchtung) keinen Sinn. Wir brauchen hier was hand- (bzw. fuss-)festeres.


Was wir hier wollen ist eine kompakte, aussagekräftige, zuverlässige Anlage, die am besten mit nahezu jeder Spannungsquelle betrieben werden kann ohne gleich abzustürzen und/oder in der Funktion beeinträchtigt zu sein.

Nun, nach langem Hin-und-Her reduzierte ich es am Ende auf eine einzige physikalische RGB-LED (3 Farben separat ansteuerbar), ein paar Dioden und 4 allerwelts-Transistoren. Das war mir dann simpel, reproduzierbar und universell genug.

Um dem Musiker etwas zu sagen, muss unsere kleine LED natürlich möglichst aussagekräftig sein, d.h. sie wird hart arbeiten müssen und mehrere Aufgaben gleichzeitig übernehmen. Nach langem überlegen (inklusive "Haare ausraufen") bin ich dann auf folgendes Konzept gekommen:

1. Der Musiker will eine Information über die momentane Lautstärke - die "Kraft" in seinem Gitarrenspiel. Es lag nahe, dieser Information die physikalische Größe "momentane Helligkeit" zuzuordnen. Sprich: Die LED "blitzt" in ihrer Helligkeit je kräftiger auf - je kräftiger der Gitarrist spielt bzw. je heftiger der Fuzz zuschlägt.

2. Es gibt 3 Klangfarben: Bassig / Mittel / Hell - was liegt näher, als dieser Information die physikalische Größe "Farbe" zuzuordnen. Der Musiker hat also jederzeit eine -klare- Information darüber, welcher Klangmodus aktiv ist. 3 Farben kann sich jeder merken. Theoretisch kann man die Farben nach dem RGB-Konzept frei wählen.
(siehe bitte Anm. *1)

3. Der Musiker will natürlich auf jeden Fall wissen, ob der Fuzz gerade spielt oder im Bypass (=AUS) ist. Es ist nur logisch, analog die LED ebenfalls AN und AUS-Schalten zu lassen. Leuchtet es, weiss der Musiker (auch wenn er total betrunken ist) - OK - das Gerät ist AN.

4. Es besteht hier ja die Möglichkeit (siehe Spezifikationen) die Betriebsspannung/den Betriebsstrom zu drosseln. Es liegt nahe, einer Drosselung der Versorgung auch eine Drosselung der (potentiell möglichen) Helligkeit zuzuordnen - und genau dies wurde auch getan. Allerdings war dies schwieriger als gedacht, da die Spanne der Helligkeit erst umgerechnet werden muss in die Spanne der Drossel. Kompliziert deshalb, weil beide Spannen nonlinear sind.​

Anmerkungen:

*1) Da es derzeit leider kaum noch vernünftige mechanische Schalter gibt, ist man gezwungen bei der Farbmischung einen Kompromiss einzugehen. Das Problem ist, dass unser Tone/Mode Schalter in der echten Welt gewissen Begrenzungen in der Anzahl der Schaltoptionen unterliegt. Der flexibelste mir bekannte Schalter ist ein Dreh-Schalter (Rotary Switch) mit 3 Schaltstellungen und 4 Kanälen.
Ich wiederhole: Der größte Schalter kann uns gerade mal 4 Kanäle bieten.
2 Kanäle gehen bereits für die eigentliche Tone/Mode-Auswahl drauf. Bleiben noch 2 Kanäle für die LEDs. -.- Denn diese sollen ja gleichzeitig mit dem Tone geschaltet werden, sonst ist die ganze Theorie sinnlos. So langsam wird deutlich worauf es hinausläuft. Wir sind gezwungen auf 2 Kanälen mit 3 LEDs mindestens 3 Farben darstellen zu müssen. Deshalb der gedankliche Umweg. 2 Driver-Transistoren (Stromverhältnis 1:2) werden (je nach Schalterstellung) über 3 LEDs geschaltet - 2 sind aktiv - eine ist aus. Dies reduziert zwar die Anzahl der möglichen Farben - aber es reicht immer noch dick aus.​


Die Praxis


Das Signal am >METER< - Input ist - direkt gekoppelt - das gepufferte Signal vom Kollektor des zweiten Germanium Transistors - mit anderen Worten: eine gepufferte Kopie des primären Ausgangssignals. Es wird direkt an der Source des Output-JFETs (diese ist niederohmig) abgegriffen. Ich wiederhole es nocheinmal: Das Signal enthält -sowohl- Gleichstrom (nämlich der BIAS-Strom des FETs, bei c.a. 2V) -wie auch- Wechselstrom(=Audio). Dies ist wichtig um die BIAS-Technik der Optik-Sektion zu verstehen.

Zunächst wird mithilfe eines 100k Widerstands entkoppelt - dies stellt sicher, dass die Optik-Sektion keine Rückwirkung auf den FuzzCore haben kann. Ein Trimmer in Rheostat Konfiguration bildet mit den 100k einen Spannungsteiler. Dieser dient hauptsächlich dazu, das DC-BIAS-Level fein-einstellen zu können - er macht aus dem Biasstrom des JFETs etwas was wir in der Optik-Sektion weiterverwenden können. Hier wird gedreht, bis die Lampe bei 100% gedrosselter Betriebsspannung tatsächlich AUS ist (oder fast aus ist - je nach Geschmack). Es ist die einzige Kalibrier-Option der Optik-Sektion. Vorsicht ist geboten, da man über den Spannungsteiler nicht nur DC schickt, sondern auch (einer "Volume-Kontrolle" gleich) das -zu messende- Audio-Signal ebenfalls runterregelt. Das ist an sich kein Problem, man sollte es aber im Auge behalten.

Die folgende Inline-Diode ergibt im Zusammenhang mit dem 10nF Kondensator eine kleine Charge-Pumpe, da der Strom durch die Diode nicht zurückfließen kann - dies zieht zusätzliche "Trägheit" beim "Release" nach sich. Der Voltage Drop über der Diode spielt aufgrund des geringen Stromes so gut wie keine Rolle.

Der 10nF Kondensator ist hier ein klassischer Miller-Kondensator. Der Miller Effekt ist normalerweise parasitär. Hier wird er künstlich hergestellt. Es wird mit etwas invertiertem Signal vom Collector (über R31), dem Kondensator und der Basis eine kleine Feedback-Schleife aufgemacht. Diese ist Frequenzspezifisch - dämpft HF mehr als LF. Die Reaktion auf Lautstärkepeaks wird also "träger" - sowohl beim Attack als auch beim Release. Das nette ist, dass hier keine Information "weggeschmissen" wird (wie bei passivem Filtering mittels parallelem Kondensator nach Masse) - sondern dass mittels Feedback gefiltert wird.

R37 legt den Arbeitsstrom durch den Transistor Q4 und D9 fest - D9 drop't dabei etwas Spannung und verändert so die Emitterspannung. Kurz gesagt: Ohne die Diode säße der Emitter auf c.a. 785mV. Durch den Voltage-Drop über der Diode steigt die Emitterspannung auf c.a. 1.55V an. Dies ist ein Trick, um sich die Wahl der Bauteilwerte beim folgenden Summenkreuz zu vereinfachen - man kommt bei 3x 100k raus. Ohne Diode müsste man die Spannung am Summenkreuz komplett neu berechnen, und dies kann bei 2 Zuläufen und 2 Abläufen, die sich auch noch untereinander beeinflussen recht kompliziert werden. Zumindest wenn man auf "den ganz bestimmten Punkt" hinauswill.

Am Summenkreuz mischen sich alle Sensorwerte. Wir haben den Zulauf aus dem METER-Vorkreis (am Ende c.a. 1.55VDC + dynamischer Anteil). Wir haben den Zulauf vom DC-Monitor (dieser Anschluss überwacht die Betriebsspannung am Fuzz-Core - 4V-8.5VDC - keine dynamik, ausser bei Oszillationen). Dann haben wir den Ablauf über die Basen der Treiber-Transistoren und wir haben einen Ablauf nach Masse. Man kann dieses Kreuz aus verschiedenen Perspektiven betrachten und auch berechnen. Ich bevorzugte beim Design gutes altes LT-SPICE-Trial&Error um das bestmögliche Gleichgewicht zu finden. Es genügt an dieser Stelle, folgendes zu wissen:

Am Summenpunkt soll ein bestimmtes DC-Level herrschen - und zwar jenes, welches die LEDs gerade so leuchten lässt (Betriebsspannung auf Minimum). Theoretisch wäre dies: Ein bisschen weniger als Vf der Leucht-Diode plus BE-Drop der Driver plus Drop über dem Emitterwiderstand.

Dazu dynamisch addiert werden RMS-Werte, die -live und analog- aus dem Musikmaterial berechnet werden. Das ganze ist (möglichst) auf Kante genäht, damit die Driver niemals zuviel Strom durch die LEDs schicken, aber auch niemals zu wenig. Es ist -ähm- extrem schwierig, dies im Vorfeld schon perfekt zu konfektionieren. Deshalb der Trimmer im Vor-Kreis. Dieser steuert, wieviel DC über den Vor-Kreis an den Summenpunkt geschickt wird. Man kontrolliert damit (indirekt) das Level am Summenkreuz und damit auch den "Threshold".

Das lokale Feedback über den Emitterwiderständen der Treiber-Transistoren hilft dabei, die Situation zu stabilisieren. Perfekt ist es nicht - es ergeben sich Schwankungen im Leuchtbild, wenn die Versorgungsspannung von 9V auf 16V steigt. Deshalb musste ich tief in die Trickkiste greifen und eine (verdammt clevere) Strombegrenzung einbauen. Ich kenne diese aus Power-Verstärkern im Audio-Bereich.

Komissar Zufall hat es eingerichtet, dass für diese Sicherung Emitterwiderstände von 47-80-Ohm erforderlich sind. Kann man diese bieten, schaltet man einfach einen zusätzlichen Transistor zwischen Basis und (dem anderen Ende des) Emitterwiderstand(s) - mit der eigenen Basis am Emitter des Drivers. Sobald -etwas zuviel- (nicht näher definiert) Strom durch den Driver - und damit durch den Emitterwiderstand fließt, fällt am Emitterwiderstand eine Spannung ab. Diese reicht -gerade so- um den Sicherungstransistor AN zu schalten - er fängt dann damit an, Strom von der Basis des Drivers abzusaugen - dieser kann dann wiederum nicht mehr soviel Strom über die CE-Strecke schicken. Das System stabilisiert sich bei einem bestimmten (perfekt passenden) Strom-Level. Mehr als 30mA gehen da nicht durch. Das sollte sowohl LEDs wie auch Driver vor größerem Schaden bewahren. Da der zweite Driver (glücklicherweise?) einen etwas größeren Emitterwiderstand bietet, wurde die Sicherung natürlich über diesen Driver gelegt. Dem (gemeinsamen) Basiskreis ist es egal - beide Basen werden beschützt, aber die Sicherheit profitiert ungemein, da der Sicherungstransistor viel schneller durchsteuert als am ersten Driver.

Diese Schaltung ist insgesamt schon ziemlich clever und dabei billig. Die Effektivität (also die Effizienz des "Schutzes") kann im Prinzip nur noch von Konstantstromquellen im Emitterkreis überboten werden. Aber diese sind nicht billig und sehr schlecht verfügbar. Man könnte FETs einsetzen, diese sind zumindest besser verfügbar - aber teuer sind sie auch. Transistoren kann man dagegen per 100 Gramm kaufen und gibt noch nicht mal viel Geld aus. Die Lösung mit Konstantstromquellen sollte man deshalb nur wählen, wenn es echt nicht anders geht - wenn man mit (billigen) Transistoren nicht weiterkommt.

Warum nun eigentlich das Heckmeck um den Gleichstromverstärker - Könnte man nicht einfach kapazitiv ankoppeln?

Nun - man könnte. Der Laie würde dies mit Sicherheit tun, da sich vordergründig ein Vorteil in der Stabilität zu ergeben scheint. Wenn man sich aber eine Weile mit der Schaltung beschäftigt, stellt man schnell fest, dass das Gegenteil wahr ist.

Ganz abgesehen von dem meistvergessenen Bug im Elektronikbereich, der da wäre:

"Elektrolytkondensatoren lecken! Mehr als 470k an Übergangswiderstand ist nicht da! Dieser fluktuiert und hat bereits tausende Arbeitspunkte auf dem Gewissen! Aufpassen! Überbrücke niemals mehr als 47k mit Elektrolytkondensatoren, ohne genau hinzuschauen! Der Drift kann gewaltig sein!"


Selbst perfekte Kondesatoren helfen uns bei dieser Schaltung nicht weiter. Das liegt daran, dass Koppelkondensatoren selbst umgeladen werden müssen und dies gewisse Konsequenzen beim Strom mit sich bringt (gerade bei niederfrequenten Dynamiken), gerade auch wenn man Halbwellen-gleichrichtet. Etwaige Arbeitspunkte werden plötzlich abhängig von der Zeitkonstante des Koppelkondensators.

Andererseits enthält das stark verzerrte primäre Ausgangssignal bereits (positiv wie negativ) einiges an Clipping. Betrachtet man nun jeweils nur die positiven Halbwellen, dann addiert sich zum momentanen -realen- Biasstrom noch der Clippingstrom - kurz gesagt: mathematisch verzieht es den Arbeitspunkt nach oben, da mathematisch mehr Gleichstrom in der Rechnung ist. Schaltet man einen Koppelkondensator + DC-Return dazwischen, "verliert" die andere Seite sprichwörtlich den Überblick und verzieht den Arbeitspunkt, wie es dem Kondensator bzw. dessen Zeitkonstante eben gerade passt.

Praktisch bedeutet dies, dass man den Ausgangslevel gerade per Halbwellengleichrichtung NIEMALS stabil visualisieren kann, wenn man auf Kondensatoren setzt und wenn das System stark asymmetrisch verzerrt. Das System würde sehr schnell nicht mehr synchron sein. Es würde irgendetwas anzeigen - aber nicht die momentane "power".

Entweder, man setzt auf Vollwellen-Gleichrichtung (hier keine Option), oder man koppelt synchron (=direkt) an. Mir ist die Wahl nicht schwer gefallen.

P.S.
Das Phänomen der Verziehung des Wellenmittelpunkts tritt -überall- auf, wo asymmetrische Verzerrung (2.,4.,6. etc..harmonische) auf einen Koppelkondensator trifft. Dieses Phänomen lässt sich nicht umgehen. Es führt zu einer sehr stark nervenden Drift des DC-Levels. Es ist überall im Gitarrenbereich Thema, vor allem bei Röhrenverstärkern - aber auch hier beim WetFur - am Ausgang - hinter einem Koppelkondensator lässt sich über die Zeit dasselbe Drift-Verhalten beobachten. Die einzige mir bekannte Medizin ist ein DC-Servo. Dieser Schaltungsaufwand ist jedoch meist nicht gerechtfertigt.
 
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Hier geht es auch bald weiter - das Kapitel z.Th. "[...] Modell des AC128 Germanium PNP Transistors" enthält teils haarsträubende Fehler. Das ist nicht schlimm, weil alles was mit Germanium und SPICE zu tun hat, ein absolutes Minenfeld ist - da sind Fehler erlaubt.

Es wird diesbezüglich noch eine Überarbeitung bzw. Korrektur mit Einzelheiten geben. Das Modell an sich wurde bereits neu geschrieben und steht hier im Forum zum Download bereit.

Inzwischen habe ich auch neue Modelle für die Abnehmer (Gitarrenpickups) geschrieben - diese wirken sich natürlich auch auf das Verhalten des WetFurs aus. Hierzu wird es noch ein extra Kapitel geben (sehr viel später, wenn die AC-Sektion besprochen und erklärt ist).

Die neu geschriebenen FET Modelle (ebenfalls hier zum Download verfügbar) müssen berücksichtigt werden. Diesbezüglich habe ich noch einige Veränderungen an der Input-Stage vorgenommen (Arbeitsstrom/Drain-Widerstand angepasst). Dies verschafft dem Konstrukteur etwas mehr Luft in der Wahl der FET-Typen - außerdem stabilisiert sich das Verhalten um den Arbeitspunkt etwas, da mehr DC-Degeneration/Feedback verfügbar ist. Leider (typisch für Analog) zieht dies Änderungen im Verhalten der Resonanzkontrolle nach sich. Diese muss ich erst noch analysieren und ggf. Anpassungen vornehmen.

Die Zenerdioden (siehe Input Stage und 2. Germanium-BJT) bekommen noch je eine 1n4148 Silizium-Diode in Anti-Serie spendiert. Dies bekämpft die rel. hohe Sperrschicht-Kapazität von Zenerdioden und "beult" das Clippingverhalten zusätzlich aus. Ausserdem verhindert dieser Eingriff "forward conduction" der Zenerdioden. Es wird also garantiert nur in einer Richtung gebügelt - Clipping in der anderen Richtung stammt so 100% vom Transistor selbst. Ferner gibts nach oben noch .6V mehr Headroom, was Änderungen am BIAS und auch bei der max. Aussteuerung nach sich zieht.

Im Gegenzug wurde die Sicherheits-LED über dem Global-Feedback-Widerstand gestrichen. Falscher Platz für eine Diodensicherung - keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Das ganze Ding clippt wie Sau, und ich will die Basis vor Clipping schützen - nunja - ein Ingenieur denkt zuweilen seltsam... o_O

Alles in allem sind die Änderungen eher kleiner Natur und typisch für den Übergang von BETA nach RC. Das ganze Projekt funzt mit den Updates wesentlich "schöner" - am Grundverhalten hat sich aber nix geändert.

See you soon.
 
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